Freitag, 30. Januar 2015

Auf den zweiten Blick:
Elite Dangerous und die versteckten Features


Das Universum von Elite Dangerous ist nun seit über zwei Monaten live, mit dem Freischalten der Gamma Version am 22. November und dem Release am 16. Dezember 2014. Zeit für ein vorläufiges Fazit und ausblicke auf die nähere Zukunft.

Viele Spieler werfen dem Spiel mangelnden Inhalt vor. Das kann ich teilweise nachvollziehen.
Dennoch gibt es im Spiel Mechaniken Inhalte die sich einem nicht gleich erschließen.
Deshalb ist ein zweiter Blick durchaus lohnenswert, auch wenn man meint nach einem Monat
schon alles im Spiel zu kennen.

Kritik:

Das Spiel ist bei weitem nicht fertig was den Inhalt und den Feinschliff in vielen Bereichen angeht. Frontier hatte sich zu einem vorschnellen Release vor Weihnachten hinreißen lassen um sich die Weihnachtskäufe zu sichern und das Projekt wie urspünglich (im März) geplant in 2014 zu veröffentlichen. Letzteres halte ich für einen Schritt der gemacht wurde weil Frontier ein börsennotiertes Unternehmen ist. Egal. Jedenfalls hatte ich im Oktober noch geschätzt dass das Spiel bis zum Release noch ein halbes Jahr braucht. Und das war wohl auch realistisch. Bis März wird es bestimmt noch dauern bis das Spiel alle versprochenen Features (so umgesetzt) hat dass ich es als Basisspiel fertig ansehe.
(Basisspiel, weil ED sowieso konstant weiter entwickelt werden wird. Stichwort Planetenlandungen)
Eines hat Frontier aber zum Release richtig hinbekommen: das Spiel läuft sehr stabil.

Was Spieler neben den fehlenden Inhalt noch kritisierten war der gestrichene Offlinemodus.
Man kann das Spiel ohne fremde Spieler begegnen zu müssen spielen, aber das geschieht halt im Online Universum, welches natürlich eine Internetverbindung voraussetzt. Jetzt wird auch langsam klar was David Braben und seinem Entwicklerteam sich davon versprechen. Denn dies mausert sich langsam zu dem was die Spieler dem Spiel vorwerfen nicht zu besitzen, dem Inhalt.
Nur ist dieser halt erst auf dem zweiten Blick zu erkennen.

Die Spieler formen das Universum gemeinsam

Das Rückrad von Elite ist der Handel. Das Handelssystem ist komplexer als der Spieler es zunächst erahnt. Dieser sieht nur dass die Preise schlechter werden wenn er auf einer Route Tagelang die gleichen Handelsgüter zwischen zwei Stationen hin und her schippert. Wieviel Rohstoffe eine Station jedoch bekommt hat aber auch Einfluss darauf wie hoch die Produktion und damit die Preise für die Exporte sind. Dieser Handel vorallem aber die Missionen und auch von wem diese angeboten werden hat aber gehörigen Einfluss, den man auf der Jagt nach persönlicher finanzieller Karriere leicht übersieht.  Indem die Spieler in einem System nur Aufträge eines bestimmten Machtblocks im Spiel annehmen ändern sie längerfristig die politische Ausrichtung dieses Sternensystems und lösen Ereignisse wie Umstürze, militärische Konflikte oder ökonomischen Aufschwung aus. So verabredeten sich inzwischen Spieler in Foren um ein System politisch zu kippen und anschließend einen Wirtschaftsboom auszulösen. Wenn eine unbedeutende Fraktion plötzlich zum boomenden Motor in einem System wird, ruft dies im System Händler auf den Plan die einem außerhalb von Stationen Luxusgüter oder boomende Waren direkt abkaufen und das zu höchst profitabelen Preisen.
Über solche automatisch getriggerten Ereignisse hinaus reagieren aber auch die Entwickler auf solche Community Events und gaben so kürzlich eine Woche lang in einem System einen zehnprozentigen Rabatt auf Raumschiffe, Ausrüstung und Waren, was über den Galnet Newsfeed innerhalb der Spielwelt kommuniziert wurde.
(Dieser stellt übrigens auch so ziemlich die einzige Rahmenhandlung im Spiel dar. Was vielen Spieler wohl einfach zu trocken und abstrakt ist die sonst aus anderen Spielen Kampagnen mit Zwischensequenzen gewohnt sind. Und das trifft leider auch zu. Zudem sind diese Ereignisse der Handlung auch nur auf Englisch verfügbar.)

Version 1.1 Update

Jedenfalls wird diese indirekte Interaktion mit dem Spieleuniversum weiter ausgebaut.
Der Entwicklerpost zum im Februar anstehenden 1.1 Update macht dies deutlich.
Spieler die ein System als erstes Kartographieren werden als Entdecker im Spiel verewigt.
Gewinnt eine unterlegene eine politische Gruppierung an Einfluss wird sie nun versuchen ihre militärische stärke auszubauen. Dazu strebt sie den Bau eines Großkampfschiffes an, welcher wiederum von den Lieferungen von Material durch die Spieler abhängig ist. Der Spieler der am meisten daran beteiligt ist bekommt dann auch die Möglichkeit dem neuen Flaggschiff einen Namen zu geben. (Ob dieser den Sekt zur Taufe auch noch importieren muss ist bisher noch unklar. ;) )

Ebenso wird mit Rücksprache der Spieler die als frühe Kickstarter Backer Zugriff auf das Design Decission Forum haben abgestimmt welche unbewohnten Systeme für eine Expansion in frage kommen. Diese Systeme werden die Spieler dann kartographieren können und das System mit den meisten verkauften Scan Daten werden dann mit Raumstationen kolonisiert. Der Bau dieser Station verläuft dann wieder so dass er von den Warenlieferungen der Spieler abhängig ist.

Besagtes 1.1 Update wird natürlich noch mehr bieten.
So wird der Routenplaner ausgebaut. Zur Zeit funktioniert dieser nur bis 100 Lichtjahre
und braucht bis man die Route endlich anwählen kann auch gut eine Minute.
In Zukunft soll das besser laufen und Routen sind dann bis 1000 Lichtjahre Entfernung möglich.

Wie geht's weiter?

Diese größeren Pointupdates werden von der Beta Community vorab mit eigenen Servern getestet.
Man wird sich zukünftig wieder den Betazugang erkaufen können wenn man daran interessiert ist.
Das 1.2 Update wird dann die fehlenden Geschwaderfeatures nachreichen: Flügelmänner, gemeinsames Fliegen mit mitspielern und Begleitschutzmissionen. Zumindest geht es wohl so grob in diese Richtung. Außerdem fehlen noch etliche Raumschiffe. 15 Stück gibt es aktuell, urspünglich versprochen waren 25 und 5 weitere sind noch angekündigt. Von den größeren (kostenpflichtigen) Updates wie das herumlaufen auf Schiffen und Stationen oder den Planetaren Landungen ist man wohl noch ziemlich weit entfernt. Letzteres wird sicher noch 1,5 Jahre mindestens dauern.

Fazit:

Das Spiel lässt den einfachen Spieler erstmal zu sehr alleine.
Die Tutorials und Youtube Videos lassen einen zwar die Bedienung relativ schnell erlernen,
tiefere Einblicke was in dem Spiel möglich ist bekommen neue (und alte) Spieler aber nur durch externe quellen wie Wikis und Foren. So erschließt sich einem die ganze Dynamik mit den Fraktionen, dem Handel und den Aufträgen nur sehr schwer. Was es für Upgrademodule für das eigene Raumschiff gibt und vor allem was welche Ausbaustufe von Modul nun genau bewirkt ist ohne von Spielern betriebene Wikis eigentlich komplett unersichtlich. So bieten niedrigklassigere Schildzellen z.B. mehr Ladungen als die höchste. Unterschiedlich starke Waffen haben das gleiche fünf Striche Rating nur dass angezeigt wird dass die einen fünf Striche besser sind als die anderen.
Wie weit das neue Schiff denn nun springen kann wird erst nach dem kauf Sichtbar.
Man tappt halt oft ziemlich im dunkeln.

Auch sonst kommt man sich ziemlich verloren und alleingelassen vor.
Das Spiel erklärt den Spieler bewusst nicht zum Mittelpunkt des Universums welches man als Held retten muss. Man ist halt als einzelner Spieler nur ein Staubkorn im großen Universum. Genau das war schon immer die Prämisse von Elite: Du bist ein Nobody mit 100 cr. und ner Sidewinder in einem gemeinen Universum was einem nichts schenkt. (Bis auf die Sidewinder und die 100cr.)
Seine Geschichte muss man selbst schreiben. Alles ist offen. Aber reich werden dauert.
Das größte Schiff kostet um die 150 Millionen. In einer Stunde kann man (im laufe der Zeit) etwa 100-500 tausend credits verdienen. Das vor Augen habe selbst ich zuweilen Probleme motiviert zu bleiben. Mein Tipp: Ab und zu mal was völlig anderes machen. Nicht immer nur handeln, auch mal ne weile Kopfgeldjäger oder Entdecker spielen, auch wenn es einen noch weniger Geld einbringt. 
Oder halt mal statt dem Geld einfach der Zuneigung einer bestimmten Gruppierung hinterherjagen.
Schließt man genug Aufträge für eine bestimmte Gruppe ab, wird diese einen freundlich gesonnen und vergibt mit der Zeit auch lukrativere Aufträge.

Wenn man nicht in der Lage ist sich seine Ziele selbst zu stecken oder sich diese zu hoch ansetzt,
hat man mit dem Spiel vermutlich nicht lange Freude. Solche Spieler sind mit anderen Spielen wohl besser bedient. Ebenso wie jene die nur eine Stunde die alle zwei Wochen spielen können aber dennoch das größte Schiff haben müssen. Elite Dangerous ist halt nichts für Jeden.
Vor allem jetzt noch nicht.

Das klingt jetzt sehr negativ.
Das Spiel bietet aber auch sehr viel. Man muss sich nur darauf einlassen.
Ich habe immer noch Spaß. Auch wenn es echt mal Phasen gibt wo dieser mal schwindet.
Aber wie gesagt, das Spiel ist so groß dass man sich dann mal etwas anderem hingeben sollte.
Und wenn ich unerwartet vor eine lilafarbene Sonne springe oder zu einer Station komme die sich zwischen einem Planeten und seinem Asteroidengürtel befindet, durch den man die Sonne wie durch eine Sonnenbrille gefiltert sehen kann, kann mich das Spiel auch nach über einem halben Jahr immer noch total faszinieren. Und es gibt noch genug was ich bislang nicht mal ausprobiert habe.
Ich bereue den Kauf nicht.
Im Gegenteil: Ich würde es wieder kaufen und ich spiele es auch nach wie vor.
Und das wichtigste: Es wird mit der Zeit immer besser. :)